Rationale Illusionen

Die Funktion des rationalen Verstandes basiert auf den Gesetzmäßigkeiten im Verhalten der Materie. Um nicht mit der Begrenztheit seiner Arbeitsweise konfrontiert zu werden, reduziert der Verstand die Realität auf Materie und ihre Gesetzmäßigkeiten und erschafft so die Illusion, dass alle Probleme rein rational lösbar seien.

Die Illusion wird durch unbewusste Tricksereien beim Aufbau des rationalen Realitätsmodells erzeugt. So werden notwendige Unterscheidungen nicht getroffen, falsche Zusammenhänge hergestellt und präzise Definitionen an kritischen Stellen vermieden. Hinzu kommt eine selektive Wahrnehmung, die nur durchlässt, was zur Illusion passt.

Die Illusion gibt dem Verstand ein Gefühl von Macht und Kontrolle, genau wie es bei echter Erkenntnis der Fall wäre. Sobald die Illusion ins Wanken kommt, wird der Verstand mit Gefühlen von Ohnmacht und Hilflosigkeit konfrontiert. Deshalb erscheint es aus rationaler Sicht so, als würde der Verstand echte Erkenntnis verteidigen, indem er die Illusion aufrechterhält. Um den Schwindel zu durchschauen, muss man klar sehen, dass die Probleme praktisch nicht gelöst werden. Eine stetig zunehmende Vielzahl an existenziellen Krisen macht das eigentlich offensichtlich. Der Verstand projiziert "die Schuld" dafür auf den Zufall und die Unwilligkeit des Menschen bei der Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Die Aufrechterhaltung der Illusion hat eine Vielzahl von Komponenten:

Kern der rationalen Illusion ist die Evolutionstheorie von Charles Darwin, die erklären soll, wie das Leben aus ausschließlich lebloser Materie entstehen konnte. (Siehe vorangegangene Kapitel) Im Folgenden geht es um eine Auswahl von weiteren rationalen Tricksereien, die in ihrer Gesamtheit die Illusion bilden.

Sie verbindet eine Ursache mit einer Wirkung. Die Ursache ist die Kraftwirkung, die das eine Element ausübt und die Wirkung ist die Veränderung, die dadurch bei einem anderen Element bewirkt wird.

Eine Gesetzmäßigkeit ist etwas, das unter bestimmten Bedingungen immer gleich ist. Sie verbindet eine Bedingung mit einer Konsequenz:

Gesetzmäßigkeit: Bedingung ⇒ Konsequenz

Eine Gesetzmäßigkeit wird zu einer Kausalität, wenn der Verstand die Bedingung erfüllt, um die Konsequenz herbeizuführen. Das Erfüllen der Bedingung ist dann die Ursache, welche zu der Konsequenz als Wirkung führt. Entsprechend betrachtet der Verstand jede Gesetzmäßigkeit als eine für ihn nutzbare Kausalität. Das funktioniert perfekt bei Naturgesetzen, weil diese das elementare Verhalten der Materie beschreiben und damit singulär betrachtet werden können. Bei allen anderen Gesetzmäßigkeiten ist die Situation aber eine vollkommen andere: Sie sind Teil eines Gesamtsystems, von dem die Weltsicht des Verstandes nur den materiellen, sichtbaren Teil abdeckt. In einem System gibt es eine Vielzahl von Kausalitäten, die zusammenspielen. Wenn ein System aus dem Gleichgewicht geraten ist, gibt es in der Regel unter all den vielen Kausalitäten, genau eine ganz bestimmte, bei welcher der Fehler liegt. Wenn bei einem Wecker die Feder defekt ist, bringt es nichts an den Zeigern herumzubasteln. Entsprechend greift der Verstand vielfach an der falschen Stelle ins Gesamtsystem ein. Die Wissenschaft bildet sich immer wieder ein, "genetische Ursachen" gefunden zu haben und meint damit, genetische Korrekturen könnten das Problem lösen. Wenn das Verhalten aber die Evolution bestimmt, lässt sich der Körper nicht durch genetische Reparaturen zurück ins Gleichgewicht bringen, sondern nur durch entsprechende Verhaltensänderungen.

Es gibt sowohl Kausalitäten, die nicht gesetzmäßig sind als auch Gesetzmäßigkeiten, die keine potenziellen Kausalitäten für manipulierende Eingriffe durch den Verstand sind.

weiter im Text: Religion und Mythologie